Saturday 6 November 2010
Vom Großen Saal des Amsterdamer Concertgebouw in den Kleinen Saal der Frankfurter Musikhochschule: Die Brüder Lucas und Arthur Jussen, die schon 2007 im renommiertesten Konzertsaal ihrer Heimat auftraten und inzwischen beim Klassik-Label “Deutsche Grammophon” unter Vertrag stehen, zogen bei den diesmal den Niederlanden gewidmete Kulturtagen” der Europäischen Zentralbank die Zuhörer in dem überschaubaren, aber randvoll gefüllten Raum mühelos in den Bann – allerdings nicht als Klavierduo, sondern in solistischem Wechsel.
Gemessen an der Ausdruckstiefe in Beethovens Klaviersonate Nr. 5 c-Moll op. 10 Nr. 1 hätte man es vermutlich kaum für möglich gehalten, dass Arthur erst 13 Jahre alt ist. Das klang in allen Anschlagsnuancen idiomatisch: im sanglichen Mittelsatz ebenso unverkennbar in der Tonsprache des Titanen wie im energisch angepackten Finale. Gleiches galt für die Interpretation der Beethoven-Sonate Nr. 8 c-Moll op. 13 durch den drei Jahre älteren Lucas. Er zog bei sparsamem Pedaleinsatz weite Spannungsbögen über die “Pathétique”. Das Schluss-Rondo gestaltete er ohne Wildheit auffallend leicht und fein. Technisch sauber und sehr beherrscht im Vortrag wirkten zu Beginn des zweiten Teils, der dem Jubilar Chopin gewidmet war, die Polonaisen cis-und es-Moll op. 26 Nr. 1 und 2 unter Arthurs Händen unterdessen noch etwas blockhaft-additiv.
Das Denken in größeren Strukturen schien bei Lucas in den mild und angenehm ruhig genommenen Nocturnes in c- und fis-Moll op. 48 Nr. 1 und 2 bereits ausgeprägter. Ausgezeichnet brachte er so auch im Scherzo Nr. 3 cis-Moll op. 39 den ständigen Wechsel zwischen schlichtem Choralthema und glitzerndem Diskantlaufwerk stimmig zusammen. Viel Sinn für Agogik und Mittelstimmen zeigte Arthur schließlich im Valse brillante As-Dur op. 34 Nr. 1. Erst mit den Zugaben waren die Brüder vierhändig als optimal eingespieltes Team zu hören: mit drei Sätzen aus den “Jeux d’enfants” von Georges Bizet und dem “Maria Isabella Valse” von Adolfo Berio.